[ Torsten Kupfer, Arbeitersportler gegen den Faschismus. Die Kampfgemeinschaft für rote Sporteinheit in Leipzig 1933 bis 1935 ]

Beilage 1: Das erste Rundschreiben der illegalen Landesleitung der Kampfgemeinschaft für rote Sporteinheit in Sachsen 1933 (1)



"Leipzig, Anfang April 1933             
An alle Vereinsleitungen.

Werte Genossen!

Wir sind am Montag in Berlin zusammengekommen, um nach den Berichten über die Lage der Organisation in den einzelnen Landesgebieten Beschlüsse zu fassen, die dieser Entwicklung Rechnung tragen und die vor allen Dingen in sich bergen die Tendenz, wie können wir die Organisation als Kampforganisation erhalten.
Aus der Erwägung heraus, dass die politischen Vorgänge schon heute sehr deutlich demonstrieren nicht nur starke Widersprüche innerpolitischer Art, sondern in der gleichen Weise wie wir sehen auch außenpolitisch diese Regierung starken Erschütterungen unterworfen ist, so wissen wir, dass in den nächsten Wochen und Monaten die Arbeiterklasse in ihrer Gesamtheit sich darauf vorbereiten und einstellen muss, unausbleiblichen Kämpfen gerüstet gegenüber zu stehen. Dazu ist als 1. erforderlich eine Widerstandsbewegung zu organisieren, die die vorhandenen Kräfte zusammenreisst und sie auf das revolutionäre Ziel einstellt. Wir haben schon bei der Uebernahme der Regierungsmacht durch die Faschisten in Verbindung mit der Kampffront Schwarz-Weiss-Rot darauf hingewiesen, dass es ein paar ungleiche Partner sind, wo insbesondere in den unteren Einheiten dieser beiden Faktoren grundverschiedene Auffassungen über die Staatsführung, Staatsidee und Ziele dieser Staatsmacht vorherrschend sind. In dem gleichen Maße haben wir darauf aufmerksam gemacht, dass die gegenwärtige Periode nicht nur als eine faschistische, sondern ebenso als eine sich revolutionär entwickelnde bezeichnet werden muss. Wir nehmen insbesondere Anlass auf die Vorgänge in Braunschweig hinzuweisen, wo bekanntlich der Stahlhelm aufgelöst wurde und wo die Regierung glaubte Beruhigung zu schaffen durch die Erklärung, es handele sich tatsächlich um einen Einzelfall, der auch schon beigelegt sei. Jetzt melden die Zeitungen, dass man von einem Einzelfall nicht mehr sprechen kann, sondern dass in den verschiedensten Orten und Bezirken die gleichen Tendenzen vorhanden sind, wie sie sich im Stahlhelm in Braunschweig zeigten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass durch den allgemeinen Siegestaumel, Fahnenparaden, Staatsakt in Potsdam, die praktischen Auswirkungen der arbeiterfeindlichen Politik der Hitlermacht sich noch nicht auswirken konnten, so dass, wenn diese praktisch in Erscheinung treten, die Gegensätze und damit die Explosionsstoffe grösser und stärker werden und sich logischerweise nur in der Richtung des revolutionären Ziels auswirken können. Wenn wir hinzurechnen die neuerlichen Meldungen die aus dem Ruhrgebiet kommen, so zeigt sich welch starke Kaders die revolutionäre Arbeiterklasse besitzt und wie nach der ersten Ueberstürztheit wohl organisiert diese Kaders in Erscheinung treten. Natürlich wird es hier und da den Kräften der Regierungsmacht noch gelingen die bestehenden Kampfkaders anzupacken, aufzulösen und ihre Arbeit unmöglich zu machen. Das ist nur eine Folge mangelnder Erfahrung in der Fortführung der Arbeiterorganisationen, die sich aber auch in der nächsten Zeit verlieren wird, da auch wir mit der praktischen Tätigkeit in dieser Periode Wege finden, die verhindern ein Eingreifen des Gegners. Rechnen wir hinzu die außenpolitischen Schwierigkeiten, die insbesondere durch das internationale Judentum eingeleitet sind, so wollen wir auch hier insbesondere festhalten, dass die Regierung erklärt, ein Kampf gegen die genannten Greuelmärchen müsse aufgenommen werden. Allerdings erkläre sie zu gleicher Zeit, dabei bestehe die Gefahr, dass bei der Kampfesführung damit zu rechnen ist, dass die Wogen leicht höher gehen und mithin dazu führen können, dass auch die Massen der nationalsozialistischen Elemente über das Ziel hinausschießen, und dass keineswegs die Garantie besteht, dass die Regierungsmacht und Führung imstande ist dieses zu verhindern.
Die Leipziger Neusten Nachrichten brachten am Montag, den 3.April, eine Meldung über den Ausgang der Boykottbewegung in Deutschland. Danach hat der Vorsitzende des Zentralkomitees der NSDAP, Julius Streicher, eine Ansprache auf einem vaterländischen Abend in München gehalten, in der er unter anderem ausführte:
"Ich habe das Gefühl, dass wir am Mittwoch den Kampf nicht mehr weiter führen werden. Es wird das Millionen von Deutschen höchst bedauerlich erscheinen, aber es muß trotz allem Disziplin gewahrt werden. Es war nicht leicht Zugeständnisse zu machen, aber Adolf Hitler kann nur schrittweise vorgehen."
Wir sind nicht gewöhnt alles auf eine Karte zu setzen. Immerhin müssen gerade diese Erscheinungen stärkstens beachtet werden und über dort wo sich Anknüpfungspunkte für uns ergeben, ausgenützt werden.
Nachdem die Regierung dazu übergegangen ist, auf Grund der besonderen Interessen des Agrarkapitals autarkarische Maßnahmen in Anwendung zu bringen, die dazu geführt haben, dass man die Einfuhr, insbesondere aus Holland, Dänemark, Norwegen, Schweden, Lettland, Estland wie auch England, Frankreich, Italien und Amerika beschränkte, hat auf der anderen Seite gerade diese Länder herausgefordert den stärksten Boykott gegenüber der Einfuhr deutscher Waren in ihre Länder zu verkünden. Die gleiche Regierung die sich gegenüber diesen Ländern zu solchen zollpolitischen Maßnahmen verstanden hatte und sich dabei noch einbildet die Wirtschaft zu heben Arbeit zu schaffen, si hat diese Maßnahmen nicht ergriffen gegenüber der Sowjetunion, sondern ist außerdem noch dazu übergegangen der Sowjetunion einen sogenannten Ueberbrückungskredit in Höhe von 200 Millionen Mark zu gewähren. Hätte die Regierung nämlich diesen Ueberbrückungskredit der Sowjetunion nicht gegeben, dann wäre die Folge gewesen, dass für mindestens 11/2 Milliarden Mark Wechsel in Deutschland "hochgegangen" wären. Damit hat also die gleiche Regierung, die den Kommunismus in Deutschland ausrotten will, den Weltkommunismus eine besondere Stützungsaktion bereitet. Sicherlich ist jeder davon überzeugt, dass das nicht aus Liebe zu diesem Weltkommunismus geschehen ist, sondern aus bedingten wirschaftlichen Notwendigkeiten, besser gesagt zur Behebung von Schwierigkeiten, die auch eine nationalsozialistische Regierung zu gehen gezwungen ist. Es tritt hinzu, dass in dem gleichen Zeitraum Amerika durch Gesetz beschlossen hat die Anerkennung der Sowjetunion. Damit bekundet Amerika, dass es auf Grund der ständig schmäler gewordenen Kredite sich umschaut nach einem neuen Kunden, der auf Grund gewaltiger industrieller Wachstumsmöglichk[ei]ten und eines ganz enormen Vorrats an wertvollen Bodenschätzen sich ih[r] nur zeigt in der Form der Sowjetunion. Ganz allgemein ist daher anzunehmen, dass Amerika versuchen wird, zu einem günstigen Handelsabschluss mit der Sowjetunion zu kommen. Dies umsomehr, weil es durch seine eigene Bankenkrise nach einem besonderen Ausweg suchen muß. Was ist die Auswirkung? Legen wir die Zahlen des Amtes für Konjunkturforschung in Deutschland zugrunde, so hatten wir in den Jahren der relativen Stabilisierung von 23 - 28 bei den Krankenkassen in Deutschland an pflichtversicherten Mitgliedern eine Zahl von 23.6 Millionen. Rechnen wir von diesen 23.6 Millionen die von dem gleichen Amt herausgegebenen Erwerbslosenzahlen ab, die heute angegeben werden, das sind rund 6 Millionen, dann verbleiben noch 17.6 Millionen in Arbeit stehende. Von diesen 17.6 Millionen sind als Beschäftigte auf den Export mindestens 50%, also 8.8 Millionen zu setzen. Der Anteil der Handelsausfuhr nach der Sowjetunion betrug im Jahre 1932 11%. Es ergibt sich also die Rechnung, dass wenn die Sowjetunion mit Amerika handelseinig wird und damit seine Handelsbeziehungen zu Deutschland abbricht, dass mindestens 11% von diesen 8.8 Millionen dem Arbeitsmarkt entzogen werden. Also ein mehr von Erwerbslosen von rund 1 Million. Diese Rechnung kann und wird auch nicht ausgeglichen werden durch die Arbeitsdienstpflicht, die man bekanntlich bis zum Sommer auf die Beine stellen will und dabei hofft, mindestens 800000 aus dem jetzigen Erwerbslosenheer herauszuziehen. Unsere jetzige Perspektive ist daher, trotz des ungeheuren Terrors gegen uns, absolut günstig, da die Machthaber eben an den Gesetzen der kapitalistischen Wirtschaft, lies Anarchie, zugrunde gehen werden.
Diese allgemeine politische Einschätzung hat auch für uns als revolutionäre Sportler eine tiefgehende Bedeutung. Einmal haben wir in dieser Periode zu beweisen, dass wir den Namen "Rote Sportler sind Soldaten der Revolution" mit Recht tragen und daher alles unternehmen müssen in der Richtung der Zusammenfassung der bestehenden Kräfte und Ausrichtung dieser auf den gemeinsamen Feind. Aus diesem Grunde war es auch notwendig einige bestimmte Beschlüsse zu fassen in der Richtung, wie wir am besten jene Formen wählen, die uns die Fortführung der Organisation als Kampforganisation ermöglichen. Natürlich kann man diese Formen nicht nach Schema wählen, da die Verhältnisse in jedem Landesgebiet und Bezir[k] [anders] gelagert sind und wir nicht von einer einheitlichen Linie der faschistischen Machthaber gegen uns reden können. Ohne Zweifel muß damit gerechnet werden, dass der Faschismus selbst noch nach einer ihm genehmen Lösung trachtet und bisher gewissermassen nur Flickwerk von ihm gemacht wurde. Zum Teil ist in verschiedenen Landesgebieten bereits das Verbot der Kampfgemeinschaft ausgesprochen, so dass also in diesen Gebieten einmal die Mitgliedsbücher und sonstigen Ausweise als KG verschwinden müssen und andererseits zur organisatorischen Erfassung wir an deren Stelle etwas neues schaffen mußten. D.h. auch für unser Landesgebiet, wo wir als K.G. noch nicht verboten sind, aber eine legale Betätigung ja auch nicht mehr möglich ist, soll unter keinen Umständen die Möglichkeit geboten werden, Mitgliedsbücher in großen Haufen aufgestapelt vorzufinden. Wir werden ab 1.April generell mit anderem Ausweis- und Markenmaterial die Bezirke und damit die Vereine beliefern, damit eine ordnungsgemässe Kassierung der Kampfbeiträge gewährleistet werden kann. Infolge der veränderten Situation war es für uns auch nicht mehr tragbar die Sporthilfe als solche noch aufrecht zu erhalten, da sie nicht nur eine Belastung für uns darstellt, sondern auch keine Möglichkeit mehr bietet unter dieser Firmierung etwa die Organisation zusammenzuhalten. Generell haben wir festgelegt einen xxxxx Monatsbeitrag von 15 Pfg. pro Mitglied, worin enthalten sind die Beiträge für die Reichsleitung, der Beitrag für die RSI, für die Landesleitung und die Agitbezirksleitung. Diese 15 Pfg. werden erhoben für alle Mitglieder aller Sparten. Dort wo wir trotz grösster Anstrengung des Widerstandes gegen den Terror und die Unterdrückung unseres Sportbetriebes nicht vermögen die Mitglieder bei uns zu halten, wo wir also die Frage stellen müssen, damit sie nicht planlos von uns laufen, organisiert deren Ueberführung in die bestehenden und anerkannten Verbände, wollen wir durch einen Solidaritäts- und Kampfbeitrag in Höhe von 10 Pfg. im Monat die Verbindung mit diesen unseren roten Sportlern aufrecht erhalten. Wir haben diese Frage ähnlich so gestellt, wie wir sie früher gestellt haben bei der kassentechnischen Erfassung der oppositionellen Mitglieder in den gegnerischen Verbänden. Wir sagen insbesondere diesen Gruppen, die also organisiert von uns, infolge besonderer Notwendigkeiten überführt werden, dass sie nun nicht etwa ihre Beiträge in der ordnungsgemässen Weise an diese anerkannten Spitzenverbände abführen sollen, sondern 1.muß man diese immer wieder darauf einstellen, dass sie ihre Bereitschaft erklären die in Fr Frage kommende Verbandssteuer zu zahlen, aber dass sie zunächst noch nicht in der Lage sind infolge des Aufbaus des neuen Vereins, infolge der geringen Erwerbslosenunterstützung und dass sie auf der Grundlage unserer allgemein bewährten Losung "Kampf um die materielle Basis zur Fortführung des Sportbetriebs" die Diskussion in diesen Verbänden auslösen sollen. Zum anderen erwarten wir von allen Gruppen, die diesen Weg zu gehen gezwungen sind und dieses ja auch mit unseren Einverständnis dann tun, dass sie grundsätzlich überhaupt nur die Aktiven melden und nicht etwa die Passiven und die so ersparten Gelder ihrer bisherigen politischen Führung und Leitung überweisen, damit diese ihre revolutionären Aufgaben lösen kann. Wir haben in der politischen Einschätzung ausdrücklich von dem Kampf um die politische Macht gesprochen und aufgezeigt die Erscheinungen die in dieser Richtung wirken. Deshalb muß gerade in dieser Frage Klarheit bestehen, dass wir nicht auf die Kräfte verzichten können die als Revolutionäre, als Marxisten-Leninisten, ideologisch mit diesem Kampf verbunden sind. Natürlich können wir bei Uebernahme der Macht nicht uns auf Kräfte stützen aus der bürgerlich-faschistischen Sportbewegung, sondern nur auf eigene Kräfte. Die Einschätzung der Bundesführung der reformistischen Bünde ist so gehalten, dass sie keinen Weg mehr sehen ihre Organisation als selbständige Organisation noch fortzuführen, sondern alles tun um mit fliegenden Fahnen aufzugehen in die bürgerlich-faschistische Sportbewegung. Die nicht zu leugnende Tatsache, dass tausende ehrliche Proleten und Arbeitersportler noch in ihren Reihen vorhanden sind, die keineswegs gewillt sind diesen Weg ins bürgerliche Lager mitzugehen, muß uns veranlassen, gerade auch diese Sportler mit heranzuziehen, in unsere sportpolitischen Aufgaben mit einzuspannen wie sie auch kassentechnisch zu erfassen. Gerade aus den verschiedensten Bezirken haben uns die Genossen in dieser Weise berichtet, dass die Arbeitersportler an unsere Genossen herangetreten sind, indem sie unsere Genossen befragten, ob wir unter allen Umständen daran festhalten unsere Organisation als Kampforganisation zu erhalten und haben weiter erklärt, dass sie bereit sind dann gemeinsam mit uns diesen Kampf zu führen. An dieser Grundeinstellung xx halten wir auch fest und sagen von vornherein unseren sportpolitischen Leitungen, dass der stärkste Kampf gegen alle Liquidationsstimmungen geführt werden muß. Wir dürfen uns nicht unterkriegen lassen von den Stimmungen die zurückweichen vor den Schwierigkeiten oder von jenen Stimmungen, die da glauben, dass 1.was die Kampfgemeinschaft zu tun habe, sei das, dass sie an eine geregelte Ueberführung der Sportlermassen zur Durchführung des sportbetriebs heranzugehen habe, gewissermassen als die letzte zu lösende Aufgabe. Es hat in der K.G. nie ein Zweifel darüber bestanden, dass wir das Interesse x für den Sport bei den proletarischen Elementen benutzt haben um unsere politischen Interessen und Fragen mit diesen proletarischen Elementen zu verknüpfen, einen Massenbasis zu schaffen gegen den Faschismus, Kampfkader zuschaffen für den Kampf um die politische Freiheit der Arbeiterklasse, für den Kamp[f] um die politische Macht. Von diesem Ziel sind wir auch heute nicht abgerückt und deshalb kann unsere 1.Aufgabe nicht die sein, unsere Sorge darauf zu verlegen, wie kann man am besten und schnellsten den roten Sportlern den Sportbetrieb in den bürgerlich faschistischen Sportverbänden sichern. Wer nur Sport betreiben will und nur ein Sportfexer war, der findet diesen Weg, ohne dass wir uns darüber Gedanken zu machen brauchen, schneller als wir beabsichtigen. Das schließt natürlich nicht aus, dass auch wir bemüht sein werden unseren Genossen und speziell denen die in unserer Organisation verbleiben, Möglichkeiten zu zeigen, wie man den Sport auch in einer illegalen Sportorganisation betreiben kann. Wir sagen deshalb nochmals. Unter Fortlassung der bisherigen Bezeichnungen für unsere Vereinsnamen und der Schaffung neuer Vereinsnamen und der Festlegung, dass dieser Verein nach außen hin mit der K.G. nichts zu schaffen hat, sondern ein verbandsloser Verein ist, soll man einerseits den Weg zur x Erhaltung des bisherigen Vereins beschreiten. Das wird nicht in jedem Fall möglich sein, aber keinesfalls trifft zu jene Behauptung der Genossen, das ist überhaupt nicht möglich. Diese Einstellung entspricht vielmehr dem Verzicht auf jeden Kampf.
Nur 1 Beispiel. Wir haben in einem Landesgebiet einen Verein in einer kleinen Gemeinde, der seinen Verein hat bestehen lassen, sich einen anderen Namen zugelegt, einen anderen "neutralen" Vorstand eingesetzt hat und dieser begab sich zum Gemeindebullen und erklärte, wir haben einen Sportverein gebildet. Wir gehören aber bis jetzt noch keinem Spitzenverband an, werden aber die Verbindung zu diesem aufnehmen. Die 1.Frage des Gemeindebullen war, wie nennt sich der Verein? Die Antwort unserer Genossen: Verein "Deutsche Zukunft". Die Antwort des Gemeindebullen: Sie sind x wohl für die neue Revolution? Darauf unsere Genossen: Natürlich sind wir für die neue Revolution. Dann ist das nebensächlich ob sie einem Spitzenverband angehören. Von uns werden sie mit allen zur Verfügung stehenden Kräften unterstützt werden. 8 Tage später erhielt dieser Verein 200.- Mk. von der Gemeinde zum Aufbau seines Vereins zur Verfügung gestellt. Das war in einer kleinen Gemeinde von 3500 Seelen. Wir sagen, natürlich ist das nicht überall möglich. Wir wissen, dass es sehr viel Dussels gibt in Deutschland. Aber solche ausgesprochenen wie da gibt es eben nur selten. Wir wollen eben an diesem Beispiel nur zeigen,dass man nicht einfach kommen kann, insbesondere nicht in grösseren Orten, um zu sagen, dass man dort nicht getarnt neue Vereine schaffen kann. Wir könnten eine ganze Reihe Beispiele xxxxxxxxxxx aufführen wo unsere bisherigen Vereine dieselben geblieben sind und in alte, schon früher geschaffene bezw. wieder ins Leben gerufene Vereine nach außen hin aufgegangen sind. Ueberall dort wo unsere Genossen den Beweis führen, dass sie alle Mittel und Formen erschöpft haben den Verein zusammenzuhalten als Kampforganisation und sich dann doch herausgestellt hat, dass es keine Möglichkeit mehr gibt, mit diesen werden wir umso eher einig werden,wenn wir sie überführen müssen in bestehende Verbände, auch dann wenn es gilt in der Form die Einzelmitgliedschaft in den bürgerlichen Vereinen zu organisieren. Dann wissen wir aber auch, wenn solche Maßnahmen mit Genossen solcher Vereine durchgeführt werden, dass sie sich nach wie vor mit uns verbunden fühlen. Aber niemals wird das dort in Erscheinung treten, wo vom 1.Tage an die Frage diskutiert wurde, wie können wir mit fliegenden Fahnen in den gegnerischen Verbänden aufgehen.
Abgesehen davon, dass wir eine ganze Reihe Sparten haben die ihren Sportbetrieb, ohne irgendwie zu ändern, illegal fortzuführen imstande sind, die nicht auf Plätze und Hallen angewiesen sind, in tausend kleinen Klubs aufgehen können und nach wie vor dasselbe Ziel für uns und mit und durchführen können, ist und bleibt also immer wieder entscheidend, von welcher Basis aus wird diskutiert die Frage des Kampfes und die Frage der Fortführung der Organisation. Eine weitere Rolle spielt auch die Einstellung unserer Bezirksleitungen. Es wäre absolut falsch wollten wir gegenüber falschen Einstellungen unserer Bezirksleitungen schweigen oder dieses mit dem Mantel der Nächstenliebe zuzudecken für richtig halten. Natürlich geben wir zu, dass in der 1.Zeit unsere Bezirksleitungen auf sich selbst angewiesen waren, dass sie selbständig handeln mußten, dass sie nicht warten konnten weder auf die Landes- noch auf die Reichsleitung. Aber auch das war ja nicht neu, sondern damit mußte ja jede Bezirksleitung rechnen. Das war eine Weisheit die wir ihnen zu wiederholten malen gegenüber betont haben. Die schlimmste Einstellung ist jene, dass einzelne Bezirksleitungen versucht haben mit Bezirksleitungen der Reformisten einen Kuhhandel abzuschließen. Alle Gegensätzlichkeiten waren verschwunden und was ganz natürlich war, die Differenzen bezw. die Entfernungen von den roten Sportlern zu den Bundessportlern waren so gering geworden auf Grund der Anstürme des Faschismus, dass man tatsächlich über Einheitsfront diskutieren konnte. Wenn aber unsere Genossen auf das demagogische Spiel ausgesprochener reformistischer Agenten hereinfallen, die in Deutschland schon rein gar nichts mehr zu gackern haben, sich aber noch einbilden, sie hätten einen Vorran[g] vor den revolutionären Sportlern im deutschen Staate und wenn sie sich dann abspeisen lassen von diesen reformistischen Sportbürokraten in der Weise, dass diese ihnen leere Versprechungen machen, wie: Wir werden mit Gellert reden inwieweit die Möglichkeit besteht, Vereine und Vollmitglieder der K.G. in den Bundesvereinen aufzunehmen. In diesem Fall sagen wir ausdrücklich, Aufnahmen in die Bundesvereine grundsätzlich nur unter der Devise der Führung des Kampfes gegen den Faschismus und nicht um den Sportbetrieb in der gleichen Weise zu führen, wie es bei den Bürgerlichen üblich ist. Wir haben Euch früher bereits mitgeteilt, dass der Bund glaubte, auf den Rücken der Verdächtigungen gegen die roten Sportler sich erhalten zu können, ja sich angenehm zu machen bei den faschistischen Machthabern und schon wie ein Aasgeier sich über die Leichen die er von der K.G. kommen sah, herzumachen anschickte. Wenn heute in einigen Teilen des Reiches gegen die bestehenden Bundesvereine und Bundeseinrichtungen noch nicht in der Weise vorgegangen ist wie gegen unsere Vereine, dann eben nur deshalb weil diese Vereine alles vermeiden, was ihnen den Namen eintragen könnte, dass sie eine marxistische, dass sie eine Klassenorganisation sind. Hier steht nach wie vor die Frage, den proletarischen Elementen dieser Vereine einzuhämmern, dass sie ein Teil der Klasse des Proletariats sind und dass sie dem Kampf gegen den Faschismus nicht auswichen können, sondern ihn zu führen bereit sein müssen. Der Terror der sich gegen uns wendet, muß eine Massenbasis des Widerstandes auch in den Reihen der Arbeitersportler finden, gemeinsam die Front gegen den Faschismus herzustellen. Wir sind, wir waren die Mahner und Erzieher für das revolutionäre Ziel. Das sind und wollen wir bleiben und demgemäss alle unsere Genossen einstellen, dass sie das dort tun, wo sie stehen und sich bewegen. Zurückkommend wollen wir deshalb sagen, dass wir es als äußerst schlecht bezeichnen, dass leider unsere Einheiten nicht genügend instruiert wurden durch unsere Agitleitungen. Ja es hat selbst Agitleitungen gegeben, deren Namen und Bezeichnung hier nicht am Platze ist, die uns erklärten, ja wir können nicht herausgehen, weil draußen alles verriegelt ist. Wir bemerken hierzu, wenn die Landesleitung ihren Vertreter in Orte von 1500 Seelen hineinschickt, dann kann ja dieser nicht gerade bei einer Kontrolle erklären, dass er von Leipzig nach der Oberlausitz gekommen ist, weil das Wetter dort oben schöner sei. Wenn aber beispielsweise ein Genosse der Chemnitzer Agitleitung nach Augustusburg fährt, dann ist er sehr wohl imstande, umsomehr noch weil er erwerbslos ist, zu erklären, dass er zu den Bauern fah[r]en will, ob sie nicht ein Stückchen Brot für seine Kinder haben. Wir wollen diese Einschätzung auch nicht verallgemeinern und wissen, d ass es auch einzelne Genossen unserer Leitungen gibt, die tatsächlich, wie im Erzgebirge, nicht imstande sind von einem Dorf zum anderen zu gehen. Nicht aber kann man dieses als eine allgemein gültige Regel für sich reklamieren in jedem Bezirk.
Nachdem wir jetzt aus den 1.Anfängen der illegalen Arbeit heraus sind, haben wir uns jetzt stärkstens darauf zu konzentrieren, dass tatsächlich in allen Bezirken wieder die Arbeit in der entsprechenden Weise aufgenommen wird, natürlich unter Brücksichtigung aller erforderlichen Sicherungsmaßnahmen. Da wir nicht bei allen Bezirksleitungen das Gefühl hatten, dass sich diese tatsächlich ihrer Führerrolle bewusst waren, beabsichtigten wir zur Verhütung einer Erlahmung der Organisationstätigkeit und vor allen Dingen weil wir wissen, dass ein außergewöhnlich starkes Bedürfnis nach politischen Informationen vorhanden ist bei unseren Vereinsleitungen, diesen unseren Vereinsleitungen politische Informationen in vervielfältigter Form zugehen zu lassen. Da auf der anderen Seite aber auch verscheidene Funktionäre unserer Vereinsleitungen verhaftet wurden, wollen wir natürlich verhüten, dass mit so einer Sendung gleich auf einen Schlag hin wieder 40 - 50 Genossen hochgehen. Nachdem wir nun mit allen Agitbezirksleitungen Rücksprache genommen haben, dort wo es sich notwendig macht die leitungen zu vervollständigen und zu ergänzen, ist allgemein angeregt worden, dass wir das Material in vervielfältigter Form unseren Bezirksleitungen zuschicken und diese wollen sich dann mit ihrem Instruktörstab dafür einsetzen, dass jeder unserer Vereine dieses Material von uns erhält. Wir verbinden mit diesem unserem 1.Material insbesondere die Erwartung, dass alle Vereine über die von den Behörden gegen sie in Anwendung gebrachten Maßnahmen an die Bezirke berichten und die Bezirke dann zusammenfassend an uns. Ein ganz Teil Bezirke hat bereits nach den ihm zur Verfügung stehenden Material mündlich mit unserem Vertreter die Fragen durchgesprochen. Da unser Vertreter nicht in der Lage war schriftliches Material bei sich zu führen, andererseits es aber auch nicht möglich ist alles im Kpfe zu behalten, erwarten mit von unseren Agitleitungen, dass sie in kurz zusammengedrängter Form bei ihrem Situationsbericht an uns, aus jedem Verein die Lage skizzieren. Wir haben festgelegt, nachdem keine Möglichkeit bestand eine legale Zeitung herauszubringen, wöchentlich einen politischen Pressedienst herzustellen und diesen den Vereinen wöchentlich zu übermitteln. In der nächsten Zeit wird auch eine reich illustrierte Sportzeitung herauskommen, worüber wir Euch vor dem Erscheinen der 1.Nummer noch berichten werden und dann bitten für den stärksten Vertrieb dieser legalen Zeitung Sorge zu tragen.


Rot Sport


Landesleitung Sachsen



Wie die Nazis an den Versailler Ketten rütteln!
Vorgestern ging durch die gesamte Presse die Mitteilung, dass die Arbeitsdienstpflich zunächst bis Ende des Jahres verschoben worden ist. Verschoben ist gut, weil es sehr richtig ausdrückt, dass es sich um eine Verschiebung handelt. In der Zwischenzeit teilt die gleiche Presse mit, dass Papen und Göring nach Rom fahren, jedenfalls in Ermangelung besonderer Kenntnisse in der Bekämpfung des Kommunismus in Deutschland.Mußolini muß mit besonderen Erfahrungen herhalten wie man ein faschistischen Staatsregime zu führen hat. Zu gleicher Zeit,das schreiben allerdings keine Zitungen, reist Frick nach Paris.Was sind die Gründe? Der französische Militarismus verlangt nicht mehr und auch nicht weniger, als dass der Arbeitsdienst in Deutschland nicht kaserniert werden darf,keine militärische Ausbildung vornimmt,keine Waffenbenutzung erlaubt wird, wie überhaupt jede Art von Militarisierung zu unterbleiben hat. Weiter ist Paris der Auffassung,nachdem sich die innerpolitischen Verhältnisse in Deutschland geklärt haben, an eine Entwaffnung der SA und SS heranzugehen, da sich durch alle diese Maßnahmen Frankreich bedroht fühlt, nach ihrer Meinung der Frieden gefärdet ist. Die Helden im Kampf gegen den Vertrag von Versailles werden also in Paris nicht nur eine klägliche Rolle spielen, sondern das "erwachende Deutschland" wird man weiter im Schlaf halten, damit es nicht merkt, dass diese Phraseologöre auch nichts anderes tun als jene Systemparteien der bürgerlichen Klasse 14 Jahre getan haben, damit die Arbeiterschaft betrogen und ausgebeutet wird. Das sind die wirklichen Gründe weshalb der Arbeitsdienst nicht in Gang kommt. Man hat nämlich kein Interesse an einem Arbeitsdienst der nicht in der Linie der militärischen Aufrüstung liegt und damit nicht helfen kann eine imperialistische Politik durchzusetzen. Unsere Stellungnahme zum Arbeitsdienst xxxx brauchen wir nicht erneut zu präzisieren, da diese bekannt ist. Umso verheerender wird die jetzige Maßnahme wirken auf große Schichten junger Arbeiter, die eben noch hofften auf Erlösung aus ihrer miserablen wirtschaftlichen Lage durch den Arbeitsdienst.
Deshalb Kampf gegen die Phraseologöre! Kampf gegen den Sklavenvertrag!
Für Arbeit, Brot und Freiheit!"



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(1) Das Dokument wurde im Frühjahr 1988 bei Ordnungsarbeiten im Sportmuseum Leipzig gefunden und befand sich aufgrund der sehr schlechten Papierqualität schon im Stadium des Zerfalls. Textstellen in eckigen Klammern kennzeichnen schon fehlende Papierteile und die nach der Wahrscheinlichkeit vorgenommene Ergänzung. An der Diktion des Textes wurden keine Korrekturen vorgenommen.